Tabea Gutmann zur Frage "Du studierst Praktische Theologie? Was heißt das denn?"
Von Tabea Gutmann*
„Du studierst Praktische
Theologie? Was heißt das denn?“
Mit dieser Frage wurde ich in den letzten Jahren immer
wieder konfrontiert. Hmm... Gute Frage, was heißt es denn, wenn Theologie
praktisch ist? Die Antwort ist mir nie besonders leicht gefallen. Ich hätte sie
natürlich dogmatisch beantworten können: Die Praktische Theologie umfasst die
Themenbereiche XY. Oder ich handle die Frage historisch ab. Aber trifft es das?
Ich finde nicht.
N.T. Wright schrieb einmal: „Um Himmels willen, denken die Menschen, lasst Jesus einen
Seelenarzt sein, der den Menschen hilft, sich innerlich besser zu fühlen. Lasst
ihn ein Erlöser sein, der die Menschen aus dieser Welt in den ‚Himmel’ holt.
Aber lasst nicht zu, dass er uns von einem Gott erzählt, der tatsächlich etwas
in dieser Welt tut. Wir müssten sonst diesen Gott ernst nehmen, und das gerade
zu einem Zeitpunkt, an dem wir herausgefunden haben, wie wir die Welt auf
unsere Weise regieren können.“
Praktische Theologie heißt also, Gott ernst zu nehmen. Daran
festzuhalten, dass sein Heilswillen auch heute noch dieselbe Durchschlagkraft
hat wie vor 2000 Jahren.
Deshalb untersucht die Praktische Theologie diese gelebte
Wirklichkeit und möchte so eine Basis für eine verantwortungsvolle Gestaltung
und Kommunikation des christlichen Glaubens legen (Steck 2000:14f).
Der Gedanke „Wenn das wahr ist, dann…“ kann somit als
Schlüssel zur Praxis dienen. So spontan dieser Gedanke aufkommen mag, so
herausfordernd ist es, ihn zu Ende zu denken. Denn wenn das, was wir lesen,
wahrnehmen und erforschen wahr sein sollte — dann betrifft es uns ganzheitlich.
Es wirkt sich auf all unser Denken, unser Sein und Tun aus, auf unsere Kirchen
und unsere Gesellschaft. Kurz gesagt: Wenn Theologie in der Praxis verankert
ist, dann fällt es auf, wenn ihre transformatorische Kraft ausbleibt.
Deshalb braucht „in der Praxis verankert sein“ auch Mut. Mut,
nicht nur schwindelerregende Gedankengebäude zu erstellen, sondern diese auf
ihre Umsetzbarkeit, ihren Nutzen und ihre Tragfähigkeit hin zu prüfen und zu
durchdenken. Mut, einen Entstehungs- und Veränderungsprozess zuzulassen. Mut, ab
und zu den Radierer anzusetzen, neue Farben und Formen auszuprobieren und auch
mal ohne Lineal zu gestalten.
Und dann braucht es eine extra Portion Mut, diese Dinge praktisch
anzuwenden – anstatt entstandene Entwürfe in theologischen Archiven verstauben
zu lassen oder sie als abstrakte Gemälde in komplexen Konzepten zu bewundern.
Um nicht zu sehr in die endlose Weite der Geisteswissenschaft abzudriften, gilt es, sich in allem Forschen
und Denken immer wieder in der Praxis zu verankern. Denn, um es mit Erich
Kästner Worten noch etwas radikaler zu formulieren: Es gibt nichts Gutes, aus
man tut es.
*Tabea Gutmann, für die noch offen steht, wo sie sich nach ihrer diesjährigen Abschluss am IGW weiter verankert.