Über Mut und Erich Kästner

30.09.2019

Tabea Gutmann zur Frage "Du studierst Praktische Theologie? Was heißt das denn?"

Titel

Von Tabea Gutmann*

„Du studierst Praktische Theologie? Was heißt das denn?“
Mit dieser Frage wurde ich in den letzten Jahren immer wieder konfrontiert. Hmm... Gute Frage, was heißt es denn, wenn Theologie praktisch ist? Die Antwort ist mir nie besonders leicht gefallen. Ich hätte sie natürlich dogmatisch beantworten können: Die Praktische Theologie umfasst die Themenbereiche XY. Oder ich handle die Frage historisch ab. Aber trifft es das? Ich finde nicht.

N.T. Wright schrieb einmal: „Um Himmels willen, denken die Menschen, lasst Jesus einen Seelenarzt sein, der den Menschen hilft, sich innerlich besser zu fühlen. Lasst ihn ein Erlöser sein, der die Menschen aus dieser Welt in den ‚Himmel’ holt. Aber lasst nicht zu, dass er uns von einem Gott erzählt, der tatsächlich etwas in dieser Welt tut. Wir müssten sonst diesen Gott ernst nehmen, und das gerade zu einem Zeitpunkt, an dem wir herausgefunden haben, wie wir die Welt auf unsere Weise regieren können.“

Praktische Theologie heißt also, Gott ernst zu nehmen. Daran festzuhalten, dass sein Heilswillen auch heute noch dieselbe Durchschlagkraft hat wie vor 2000 Jahren.
Deshalb untersucht die Praktische Theologie diese gelebte Wirklichkeit und möchte so eine Basis für eine verantwortungsvolle Gestaltung und Kommunikation des christlichen Glaubens legen (Steck 2000:14f).

Der Gedanke „Wenn das wahr ist, dann…“ kann somit als Schlüssel zur Praxis dienen. So spontan dieser Gedanke aufkommen mag, so herausfordernd ist es, ihn zu Ende zu denken. Denn wenn das, was wir lesen, wahrnehmen und erforschen wahr sein sollte — dann betrifft es uns ganzheitlich. Es wirkt sich auf all unser Denken, unser Sein und Tun aus, auf unsere Kirchen und unsere Gesellschaft. Kurz gesagt: Wenn Theologie in der Praxis verankert ist, dann fällt es auf, wenn ihre transformatorische Kraft ausbleibt.

Deshalb braucht „in der Praxis verankert sein“ auch Mut. Mut, nicht nur schwindelerregende Gedankengebäude zu erstellen, sondern diese auf ihre Umsetzbarkeit, ihren Nutzen und ihre Tragfähigkeit hin zu prüfen und zu durchdenken. Mut, einen Entstehungs- und Veränderungsprozess zuzulassen. Mut, ab und zu den Radierer anzusetzen, neue Farben und Formen auszuprobieren und auch mal ohne Lineal zu gestalten. 

Und dann braucht es eine extra Portion Mut, diese Dinge praktisch anzuwenden – anstatt entstandene Entwürfe in theologischen Archiven verstauben zu lassen oder sie als abstrakte Gemälde in komplexen Konzepten zu bewundern.

Um nicht zu sehr in die endlose Weite der Geisteswissenschaft  abzudriften, gilt es, sich in allem Forschen und Denken immer wieder in der Praxis zu verankern. Denn, um es mit Erich Kästner Worten noch etwas radikaler zu formulieren: Es gibt nichts Gutes, aus man tut es.

*Tabea Gutmann, für die noch offen steht, wo sie sich nach ihrer diesjährigen Abschluss am IGW weiter verankert.

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